Oh je, was für ein anstrengender Tag… aber ich will wie gewohnt von vorne beginnen.
Nach einer wirklich erholsamen Nacht, begann der Tag mit einem wirklich tollen Frühstück. Es wurde für Hagen und mich in den scheinbar privaten Räumen des Vermieters vorbeitet – so dass wir uns zusätzlich an dem wirklich liebevoll sanierten Haus erfreuen konnten.
Es fehlte wirklich an nichts, für Hagen gab es Tee nach Wunsch und für mich gleich eine ganze Kanne Kaffee – juchu!
Frisch und gestärkt beluden wir unsere Räder und machten uns auf den Weg. Nach nur wenigen Metern der erste Stopp – schon gestern hatten wir am Gradierwerk eine Kälteinhalierhalle entdeckt, die aber leider schon geschlossen war. Das musste auf jeden Fall noch nachgeholt werden. Also rein da, und atmen was das Zeug hält. Es hat uns ausgesprochen gut gefallen, aber nachdem unsere Nasen anfingen zu laufen, beschlossen wir doch endlich los zu fahren.
Nach Überquerung der Saale fuhren wir weiter flussabwärts Richtung Leuna. Ich stehe ja ein bisschen auf diese Industriekulissen und konnte diese auch aus der Ferne bewundern.
Der Rest des Ortes war weniger schön, Kleingärten mit wehenden Reichskriegsflaggen, miese Verkehrsführung und schlechter Untergrund zum fahren. Wir wollten nur weiter. Aber auch der weitere Verlauf war uns nicht all zu hold.
Von Leuna aus geht es fließend nach Merseburg über. Auch hier ist die Strecke ein Desaster. Schlecht ausgeschilderte Umleitungen über Hauptverkehrsstraßen, massenhaft Kopfsteinpflaster, dort wo keins ist – Schlagloch-Piste und zugeparkte Radstreifen. Wir hatten Frust. Und dementsprechend auch wirklich keine Lust uns weiter mit Merseburg zu beschäftigen, obwohl die Aussicht doch sehr hübsch war.
Auch der weitere Weg nach Halle war keine große Freude. Es blieb bei extrem schlechten Wegen und undurchsichtiger Streckenführung. Mit 10-15 Kilogramm Gepäck zusätzlich, hat man bei solchen Wegen Angst, dass das Rad auseinander fällt.
Der Knaller war auf jeden Fall die Brücke über die Saale bei Schkopau. Nicht nur, dass die Bohlen nicht sehr vertrauenswürdig aussahen, der Weg war unfassbar schmal. Prompt kamen uns zwei ebenfalls bepackte Radler entgegen und wir quetschen uns in Millimeterarbeit aneinander vorbei. Die Laune war im Keller.
Und weiterhin wurde es nicht besser. Wieder Baustellen, keine gute Beschilderung – wir fuhren nach Gefühl und Saale. Eine Pause am Wasser konnte uns kaum trösten. Diese Etappe wird auf jeden Fall im Gedächtnis bleiben. Als Desaster. Es ist schon bedenklich, dass ein so wichtiger Tourismus-Teil in dieser Region so schlecht ausgebaut ist. Auch Halle glänzte erst einmal mit Baustellen (wir mitten durch, weil weit und breit keine Umleitung beschildert)
Wir hatten gerade einmal 25 von mehr als 85 km geschafft und es war bereits nach 13:00 Uhr. Zügig vorankommen war ja nicht. Der Frust wuchs. Wir beschlossen also eine weitere Pause zu machen, etwas zu essen und auf Besserung zu hoffen.
Im Zuge dieser Pause entdecken wir auf der Peißnitz-Insel in Halle das in Sanierung befindliche Peißnitzhaus. Ein tolles Projekt, ein tolles Gebäude – absolut sehenswert sind die Toiletten – und preiswertes, gutes Essen. Zu meiner absoluten Freude gab es sogar vietnamesischen Kaffee mit reichlich gezuckerter Kondensmilch. Endlich glücklich!
Nach einer ausgiebigen Pause und mit deutlich besserer Laune machten wir uns wieder auf den Weg. Es war mittlerweie nach 14:00 Uhr und wir ganz schön groggy – noch 60 km vor uns…
Raus aus Halle – irgendwie echt schön da! – waren wir froh endlich wieder im ländlichen Raum zu sein. Auf dem Weg eine verlassene Kleingartenanlage, die ein sehr merkwürdiges Bild abgab.
Zu unserer großen Freude dann wieder eine Saaleüberquerung – mit der Fähre! Nachdem wir brav unsere 50 Cent pro Person bezahlt hatten waren wir auch flott auf der anderen Seite.
Die Landschaft wurde weiter, Felder und Hügel soweit das Auge reichte. Die Wege je nach Gemeinde eine Freude oder Kopfsteinpflaster-Qual.
Wir durchquerten Wettin, schielten kurz zur Burg, keine Zeit zum Anhalten. Wir hingen dem Zeitplan weit hinterher und wollten nicht im Dunkeln ankommen. Auch hatten wir das Kopfsteinpflaster satt. Kurz hinter Wettin aber doch noch eine kurze Pause, an der Pögritzmühle. Tolles Bauwerk und scheinbar dürfen hier sogar Bürger erschossen werden. Spannend.
Endlich wurde der Weg beser, traumhafte Aussicht, guter Belag und die wenigen Hindernisse hatten wenigstens Füße.
Wir erreichten Rothenburg, ab hier sollte der Saaleradweg wegen Steinschlag gesperrt sein. Mein Plan war, mit der Fähre überzusetzen und über den Lutherweg das gesperrte Stück Saaleradweg umfahren. Der Plan ging allerdings nicht auf.
Also freundeten wir uns mit dem Gedanken an, die längere Umleitung über Könnern zu wählen. Allerdings scheiterten wir wieder an fehlender Beschilderung der Umleitungsstrecke – es war weit und breit keine Beschilderung zur Umleitung zu finden. Überhaupt, der ganze Ort ist so eine Art Ruine. Geisterstadt. Wie auch immer, in Ermangelung von Schildern erwischten wir also den eigentlich gesperrten Weg. Dieser erwies sich als gute Wahl, denn der ist irre schön. Die roten Felsen leuchten – runtergefallen ist glücklicherweise nichts – und wir waren endlich wieder flotter unterwegs.
Weiter ging es nach Alsleben, ein super ausgebauter Weg, durch gemächliche Landschaft. Gut fürs Tempo, zumal die Erschöpfung so langsam richtig zuschlug. Der weite Blick war allerdings ganz zauberhaft – und etwas Meth-lastig.
Eine Pause musste noch sein, und Hagen ließ es sich auch nicht nehmen, diese in unmittelbarer lebensgfahr abzuhalten.
Wir erreichten Alsleben – und waren froh, als wir wieder raus waren. Innerorts haben sie es hier mit der Wegführung nicht raus. Endlich die letzen 15 km Richtung Tagesziel – Bernburg. Schnell unter der A14 durchgerollt um das letzte, wirklich schöne Stück zu kurbeln.
Das folgende Stück war schnell, durch einen wirklich schönen Mischwald (Naturschutzgebiet Plötzkauer Auenwald), tendenziell nur bergab, ein Traum. Photopausen waren nicht drin, wir freuten uns, dass wir diese Etappe bald geschafft haben. Die nächste Saalequerung beglückte uns mit fantastischer Stille und feinem Herbstwald-Duft.
Und dann tauchte es plötzlich auf – das wirklich beeindruckend schöne Schloss Bernburg. Wir hatten es endlich geschafft!
Schnell den Berg herauf gekämpft, im Vorbeifahren die vielen schönen Häuser bestaunt. Pension gefunden. Uff. Wir waren echt im Eimer. Die Zimmer sind ok, der Vermieter sehr speziell (uns beiden irgendwie unsympathisch). Aber hey, wir sind da. Also los, noch schnell etwas zu essen finden. Zuerst aber noch ein Eis – das Whiskey Cream Eis im Eiscafé Venezia ist ein echter Knaller!
Und – das will ich nicht vorenthalten, mein Highlight: in Bernburg gibt es noch Telefonzellen!
Morgen geht’s weiter – wir werden die Elbe erreichen – aber jetzt einfach nur schlafen, es war ein langer Tag auf dem Rad – laut Runtastic knapp 91 km durch diverse Umleitungen.
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Danke für den Reisebericht. Weiterhin insbesondere Spaß und „Wetter“
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Hallo Ihr Beiden – macht echt Spaß, Eure Tour ‚miterleben‘ zu können – danke. Hoffentlich ergeht es Euch heute besser und die Kopfsteinpflaster werden weniger ;) Wir wünschen Euch noch ganz viele wunderschöne Aussichten und tolle Erlebnisse und natürlich Superwetter – seid ganz lieb gegrüßt von Monika und Hartwig
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Wünsche euch Sonne am Sonntag, auch wenn es hier in Potsdam regnen wird.
Uli